Wem gehört die Stadt? Bezahlbarer Wohnraum für alle

Das Podium bei der Paritätischen Wahlveranstaltung: Anja Stahmann, Grünen, Sigrid Grönert, CDU, Carsten Sieling, SPD, Kristina Vogt, Die LINKE und Magnus Buhlert, FDP. Im Hintergrund Moderator Kai Hausen

Paritätischer Bremen diskutierte mit Kandidaten und Kandidatinnen zur Bürgerschaftswahl 2019

Das Publikum im gutbesuchten Café Fundamt im Bremer Viertel diskutierte mit Carsten Sieling, SPD, Sigrid Grönert, CDU, Anja Stahmann von den Grünen, Kristina Vogt, Die LINKE und Magnus Buhlert, FDP.

„Im Vergleich zu München, Berlin oder Stuttgart erscheinen Mieten in Bremen und Bremerhaven zwar noch moderat, aber die Mietbelastung ist in Relation zum Einkommen in Bremen und Bremerhaven überdurchschnittlich hoch“, sagt Volker Busch-Geertsema von der Gesellschaft für innovative Sozialforschung und Sozialplanung e.V. zur Einführung in das Thema. „In Bremen fehlen über 54.000 Wohnungen, in Bremerhaven über 10.000, die sich die Bürgerinnen und Bürger beider Städte tatsächlich leisten könnten“, so der Experte. Im besonderen Maße fehlen Kleinwohnungen und Wohnungen für große Familien mit Nettokaltmieten von unter fünf Euro pro Quadratmeter.

Das jahrzehntelange Vernachlässigen des sozialen Wohnungsbaus räche sich heute. Standen im Land Bremen Anfang der 1990er Jahre noch 80.000 Sozialwohnungen zur Verfügung, so sind es Ende 2017 nur noch 8.300. Für die Jahre bis 2022 werden weitere 2.500 Sozialbindungen auslaufen. „Neubau von Sozialwohnungen allein reicht nicht“ so Busch-Geertsema. Der Paritätische fordere deshalb die Erhöhung der Sozialwohnungsquote auf ein Drittel, den Ankauf von Sozialbindungen im Wohnungsbestand und die Schaffung kommunaler Belegrechte für besonders benachteiligte Personengruppen.

„Bauen allein reicht nicht, aber Bauen ist wichtig“, sagt Bürgermeister Carsten Sieling in seinem Eingangsstatement. Neue Quartiere müssen erschlossen und die  Sozialwohnungsquote auf 30% erhöht werden. Den Kauf der Brebau wertet Sieling als Erfolg.

Anja Stahmann sieht noch viele Potentiale im Bestand „Wir haben es auch geschafft, 6600 Flüchtlinge in Wohnungen unterzubringen“, so die Sozialsenatorin. Der Verkauf der Grundstücke in der Überseestadt an fünf Investoren sei ein Fehler gewesen. Investoren würden Infrastruktur nicht mitdenken. 

Sigrid Grönert spricht sich für die Beibehaltung der 25%-Quote aus, die aber flexibler gestaltet werden soll. Die CDU setze auf schnellere Bautätigkeiten, um zu mehr Sozialwohnungen zu kommen. Kristina Vogt sieht die Privatisierung der Wohnungsbaugesellschaften als Grund für die Mietsteigerungen an, ebenso die Grundstücksverkäufe in den vergangenen Jahren. „Der Markt  richtet es nicht", so Vogt. Öffentliche Flächen sollten zukünftig nicht mehr verkauft, sondern zum Beispiel in Erbpacht vergeben werden. Magnus Buhlert meint, Eigentum schütze vor Armut, zudem solle die Gewoba mehr Wohnungen veräußern: „Durch die Erlöse kann die Gewoba neue Bautätigkeiten entwickeln.“ Auch soziale Träger sollten Wohnraum für ihre Klienten schaffen können und sie zusammen mit Begleitung und Unterstützung anbieten.

Einig waren sich Stahmann und Vogt, dass Wohnungsneubau nicht ausreichend ist und man Belegbindungen im Bestand kaufen müsse. Sieling wies darauf hin, dass man bei der Schaffung von Wohnraum auch an Studierende und Auszubildende denken müsse. „Aber wir haben ja mit dem Bundeswehrhochhaus und dem Papageienhaus gute Möglichkeiten, das zu realisieren“, so Sieling.

Abschließend formulierte Herrmann Schulte-Sasse Erwartungen an die zukünftige Koalition: „Neubau dauert lange. Wir brauchen Instrumente, die kurzfristig greifen. Es brauche eine Übersicht über alle bereits bestehenden Instrumente auf kommunaler Ebene, Landes- und Bundesebene und eine klare und umsetzbare Positionierung, was man in den entsprechenden Handlungsfeldern machen will“, so der Parität-Vorsitzende.

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