Der Preis der Ungleichheit - Armut als Gesundheitsrisiko

Paritätischer Bremen veröffentlicht Positionspapier

Armut stellt in Deutschland das größte Gesundheitsrisiko dar. Und je größer die soziale Ungleichheit in einer Gesellschaft ausgeprägt ist, desto anfälliger wird sie für gesundheitliche Probleme. Dass die sozialen Verhältnisse, in denen Menschen leben, einen sehr starken Einfluss darauf haben, wie gesund sie sind und wie hoch ihre Lebenserwartung ist, spielt in der öffentlichen und politischen Wahrnehmung allerdings immer noch eine zu geringe Rolle.

Auch in einem reichen Land wie Deutschland lässt sich ein Zusammenhang zwischen der sozialen und der gesundheitlichen Lage feststellen. Und: Gerade im armutsbelasteten Bundesland Bremen ist der politische Handlungsbedarf groß.

Der Verbandsrat des Paritätischen Bremen hat sich in der Vergangenheit bereits intensiv mit verschiedenen Aspekten der Armutsentwicklung in Deutschland beschäftigt. In der vorliegenden Broschüre Der Preis der Ungleichheit - Armut als Gesundheitsrisiko werden Befunde zum Gesundheitsrisiko Armut vorgestellt und zugleich Forderungen entwickelt, wie im Stadtstaat Bremen eine verbesserte Gesundheitsförderung, Prävention und Gesundheitsversorgung realisiert werden kann. „Kommunale Gesundheitspolitik muss Teil einer sozialverantwortlichen Stadtpolitik werden“, sagt Wolfgang Luz, Vorstand des Paritätischen Bremen.

Besonders zugespitzt zeigt sich der Zusammenhang bei der Lebenserwartung und vorzeitigen Sterblichkeit. So beträgt in Deutschland der Unterschied bei der mittleren Lebenserwartung ab Geburt zwischen der niedrigsten und höchsten Einkommensgruppe bei Männern beinahe 11 Jahre, bei Frauen mehr als 8 Jahre. Die Armutsproblematik in Bremen hinterlässt ihre Spuren auch in den regionalen Gesundheitsdaten. Danach liegt die Lebenserwartung ab Geburt im Bundesland Bremen mit durchschnittlich 79,5 Jahren im Bundesländervergleich an zweitletzter Stelle, Baden-Württemberg führt hingegen die Liste mit 81,9 Jahren an. Neuere Analysen zeigen, dass sich dieses sozialräumliche Auseinanderdriften auch in den kleinräumigen Gesundheitsdaten widerspiegelt. So ist die Lebenserwartung ab Geburt bei Männern am niedrigsten in Gröpelingen (73,2 Jahre) und Blumenthal (75,5 Jahre), am höchsten in Schwachhausen (81,0 Jahre) und Oberneuland (80,8 Jahre). Für Frauen ist sie am niedrigsten in Gröpelingen (79,5 Jahre) und Burglesum (80,6 Jahre) und am höchsten ebenfalls in Schwachhausen

Viele Gesundheitsprobleme lassen sich auf individuelle Risikofaktoren zurückführen, aber längst ist die große Bedeutung sozialer Faktoren unbestritten: Viele der Faktoren, die über die Lebensqualität und die Gesundheit der Menschen bestimmen, werden grundlegend von dem Ort beeinflusst, an dem sie leben. „Gesunde Verhältnisse müssen in der alltäglichen Lebenswelt hergestellt werden“, betont Regine Geraedts, Mitglied im Verbandsrat des Paritätischen Bremen.

Deshalb sei es so wichtig, eine kommunalpolitische Gesundheitsstrategie zu entwickeln. „Da hat Bremen noch großen Aufholbedarf“, so Geraedts. Wie eine solche Strategie von den Bildungs- bis zur Wohnungsbau- und Umweltpolitik verschiedene Politikfelder miteinander verknüpft, lässt sich von anderen Kommunen mit integrativen Gesundheitskonzepten lernen. Dort haben sich auch Gesundheitskonferenzen bewährt, in denen alle zusammenarbeiten, die vor Ort zum gesundheitsförderlichen Zusammenleben beitragen können. So ließen sich auch die Möglichkeiten besser nutzen, die das seit 2015 geltende Präventionsgesetz bietet.

Wichtig ist auch eine gute medizinische Versorgung. Zwar ist die Planungsregion Bremen gut versorgt, in benachteiligten Stadtteilen wie Gröpelingen und Blumenthal fehlen aber vor allem Allgemeinmediziner und Kinderärzte. Zudem sind in solchen Regionen die Bedarfe und die Aufgaben von hausärztlichen Praxen viel komplexer. Notwendig wäre eine kleinräumige Planung, die für benachteiligte Stadtteile eine bessere Ausstattung vorsieht. „Hier ist die Kassenärztliche Vereinigung in der Pflicht“, sagt Wolfgang Luz.  Und auch für Menschen, die keinen Zugang zur medizinischen Regelversorgung haben, braucht es Angebote.

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