Kein weiter so! Neue Wege in der Drogenpolitik

Titelbild der Broschüre

Paritätischer Bremen veröffentlicht Positionspapier 

Deutschland hält mit dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) bis heute an einer auf Kriminalisierung, Strafverfolgung und Abschreckung basierenden Drogenpolitik fest. „Diese Politik richtet eher zusätzlichen Schaden an“, sagt Hermann Schulte-Sasse, Vorsitzender des Paritätischen Bremen und ehemaliger Gesundheitssenator. Denn sie verhindert medizinische und soziale Hilfen für schwer Suchtkranke und setzt dadurch eine Verelendungsspirale in Gang. Und sie kriminalisiert Menschen, die Substanzen mit geringem Gefahrenpotenzial konsumieren wie beispielsweise Cannabis.

Die individuellen und auch die gesellschaftlichen Folgekosten dieser Politik sind hoch. Neue Wege in der Drogenpolitik müssen beschritten werden. Der Paritätische will mit einem jetzt veröffentlichten Positionspapier diese Wege aufzeigen und in Bremen diskutieren. Dabei soll die Verhinderung und Reduzierung von Schäden durch den Drogenkonsum für das Individuum und für die Gesellschaft ins Zentrum der Sucht- und Drogenpolitik rücken.

Beim Cannabis zeigt sich deutlich, dass politisches Umdenken notwendig ist. „Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stuft Cannabis nicht mehr als gefährliche Droge ein. Der Konsum ist in der Bevölkerung durchaus verbreitet und stillschweigend akzeptiert, wird aber immer noch strikt kriminalisiert. Die Mehrheit aller Drogendelikte, mit denen sich die Polizei befasst, bezieht sich auf Cannabis. Das richtet mehr Schaden an als die Substanz selbst. Und es bindet Mittel und Ressourcen, die besser in wichtige sozialstaatliche Aufgabenfelder investiert würden“, sagt Regine Geraedts, Verbandsratsmitglied des Paritätischen Bremen und maßgeblich an der Erstellung der Broschüre beteiligt.

Der Paritätische Bremen fordert statt der Kriminalisierung die Regulierung des Konsums von Cannabis und fordert die Landesregierung auf, ihre landespolitischen Spielräume für eine solche Politikwende zu nutzen.

Es gibt aber auch Stoffe, die hohe Risiken bergen und Menschen suchtkrank machen können. Erkrankungen sind aber kein persönliches Versagen und keine individuelle Schuld. „Wer krank ist braucht vor allem medizinische Unterstützung. Drogenhilfeangebote sind für Abhängige eine wichtige Brücke ins Gesundheitssystem, vermitteln in Therapien und helfen, die Verelendungsspirale anzuhalten. Für viele sind sie überlebensnotwendig“, sagt Regine Geraedts. Doch die öffentliche Förderung der Drogenhilfe stagniert, investiert wird dagegen in eine Vertreibungspolitik rund um den Bremer Hauptbahnhof.

Der Paritätische Bremen fordert, dass die öffentliche Förderung für die kommunale Suchthilfe deutlich angehoben wird. „Es gibt in Bremen Angebote wie Beratung für Drogenabhängige, Spritzentausch, medizinische Ambulanz, die Kontakt und Beratungsstelle, aber es fehlen wichtige Angebote, um weitere Schäden von Drogenkonsumierenden und auch von der Allgemeinheit abzuwenden. Dazu zählen an erster Stelle ein Drogenkonsumraum und Möglichkeiten zum Drug-Checking“, sagt Wolfgang Luz, Vorstand des Paritätischen Bremen. „Wir begrüßen sehr, dass die neue Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard einen Drogenkonsumraum in Bremen einrichten will“, so Luz.

Notwendig sind auch Therapieangebote, die nicht allein auf Ausstieg und Abstinenz setzen. „In der nächsten Zeit gehen etliche Substitutionsärztinnen und -ärzte in Rente. Um die in Bremen gut ausgebaute Substitutionstherapie auf dem gleichem Niveau fortsetzen zu können, müssen neue Ärzte und Ambulanzen hinzukommen“, sagt Wolfgang Luz.

Hinzukommen muss zusätzlich eine Therapiemöglichkeit mit dem Ersatzstoff Diamorphin, der Studien zufolge dem Methadon überlegen ist.

Schließlich muss viel mehr für die Prävention getan werden. „Gesundes Verhalten entsteht in gesunden Verhältnissen und gesunde Verhältnisse sind politisch zu gestalten“ sagt Hermann Schulte-Sasse.

Die Broschüre zum download

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