„Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden.“ (Artikel 4 Absatz 3 des Deutschen Grundgesetzes)

Gut 10 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg wurde 1956 die Bundeswehr gegründet. Die Bundesrepublik Deutschland verpflichtete damit Generationen junger Männer wieder zum Dienst an der Waffe. Das Grundgesetz sah zwar vor, dass man aufgrund von Gewissensnöten den Wehrdienst verweigern konnte, aber noch zu Zeiten von Willy Brandts Kanzlerschaft galt die Kriegsdienstverweigerung als systemzersetzend.

Unter großem Druck und vielen Demütigungen mussten junge Kriegsdienstverweigerer ihre Gewissensnot beweisen. Vor Gutachtern, denen die Bundeswehr mehr galt als das Wohl der Rekruten und die oft selbst noch im zweiten Weltkrieg als Soldaten gekämpft hatten.

Die 1990 geborene Zeichnerin und Autorin Hannah Brinkmann arbeitet in der Graphic Novel  „Gegen mein Gewissen“ die Geschichte ihres Onkels auf. Hermann Brinkmann, ein junger überzeugter Pazifist, wurde 1973 als Kriegsdienstverweigerer nicht anerkannt. Während der Grundausbildung nahm er sich mit nur 19 Jahren das Leben.

In ihrem Buch findet Hannah Brinkmann eindrucksvolle  und zugleich einfühlsame  Bilder für das qualvolle Erleben der inquisitorischen Befragung. Sehr gut recherchiert zeigt sie die historischen Zusammenhänge und zeichnet die Geschichte ihrer Familie und ihres Onkels nach, den sie nie kennenlernen durfte.

Das Schicksal von Hermann Brinkmann machte in den 1970ern bundesweit Schlagzeilen und löste eine Debatte über die Rechtmäßigkeit der Gewissensprüfung aus. Gerade jüngeren Leserinnen und Lesern bietet die Graphic Novel einen Einblick in ein kaum mehr bekanntes Kapitel der deutschen Nachkriegsgeschichte. Der Soziale Friedensdienst Bremen, entstanden 1972, um Kriegsdienstverweigerern einen friedenspolitischen Ersatzdienst zu ermöglichen, setzt das Buch und die Geschichte von Herbert Brinkmann deshalb auch in der Bildungsarbeit mit jungen Freiwilligen ein.

Die Wehrpflicht wurde 2011 in der Bundesrepublik Deutschland ausgesetzt.

Hannah Brinkmann
Gegen mein Gewissen
Avant-Verlag, 2020